In England war bei den Mods der frühen bis mittleren 60er Jahre schwarze nordamerikanische Musik sehr beliebt. In den von Mods frequentieren Club im Londoner Westend und Soho, aber etwas später auch in Clubs wie dem Twisted Wheel in Manchester wurde R&B und Soul gespielt. Beliebt waren die Sounds der Label Stax, Atlantic und Tamla Motown. Mitte der 60er Jahre waren schnelle tanzbare Nummern gerade aus dem Hause Motown sehr angesagt. Interpreten wie die Supremes, die Four Tops, die Temptations, Marvin Gaye, Smokey Robinson oder Martha Reeves waren die Idole der Mods und auch der ersten Skinheads (deren Stil sich ab Mitte der 60er Jahre langsam aus den Hard Mods entwickelte). Gegen Ende der 60er Jahre kamen aber immer weniger Soulplatten, die in diesem typischen Sound aufgenommen waren, über den Atlantik. In den USA ging der Trend eben zu Funk und anderem. Alle Infos zum Film Northern Soul (2014): Zwei englische Schüler entdecken in den 1970er Jahren ihre Leidenschaft für amerikanische Soulmusik. ![]() Gerade in Nord-England ließ aber die Nachfrage nach schnellen gradlinigen Soul Stücken im mitt-60er Motown Sound nicht nach. Deswegen fingen viele DJs an, zunächst in England nach unbekanntem Material in diesem Sound zu suchen und wurden auch fündig, überall tauchten Singles kleinerer Labels und unbekannter Interpreten auf, die den Motown-Sound imitierten oder einfach 'reinpaßten'. Diese Scheiben fanden schnell ihren Weg auf die Plattenteller in den Soulclubs. Auch unbekannte Stücke bekannter Künstler wie Edwin Starr, Jackie Wilson oder Ray Charles wurden ausgegraben. Viele DJs begannen nun auch per Post in den USA Schallplatten zu bestellen. Einige von ihnen, die wohlhabend genug waren, machten sich auf die Reise in die USA auf, um dort in Plattenläden, Secondhandgeschäften, bei Plattenlabels und in Lagerhäusern nach brauchbarem Material zu fahnden. Die Folge war, daß tausende Jugendliche in Nordengland während der 70er Jahre zu völlig unbekannten Soul Singles aus den 60er Jahren tanzten, die in den USA ökonomische Flops waren und selbst vielen amerikanischen Soulfans unbekannt waren. Dies fand in Clubs wie dem Golden Torch in Stoke-on-Trent, dem Casino in Wigan oder dem Mecca in Blackpool statt. Aber auch in vielen anderen Clubs im Norden Englands wurde dieser Sound gespielt (z. Im Va-Va in Bolton, in den Catacombs in Wolverhampton, im Locarno in Birmingham u.v.a.). Das nächtelange Durchtanzen ist natürlich sehr anstrengend, deswegen hatte sich schon in den frühen 60er Jahren in den Soul- und RnB-Clubs Londons das Einnehmen von aufputschenden Drogen etabliert. Diese Mod-Sitte wurde von vielen der Northern Soulies weiter betrieben. Auch wenn nicht jeder Soulfan in Nordengland Amphetamine einwarf, so war es doch bei der großen Mehrheit weit verbreitet. Dies zog eine verstärkte Aufmerksamkeit der Behörden und Presse nach sich. Seit Mitte der 60er Jahre wurden Soulclubs in Pressekampagnen als Drogenhöhlen diffamiert und Polizeirazzien waren bis Ende der 70er Jahre keine Seltenheit. Eine Besonderheit im Unterschied zu anderen Stilen ist, daß es keine Interpreten gibt, deren gesamtes Werk als 'Northern Soul' bezeichnet werden kann. Es sind immer nur bestimmte Stücke eines Interpreten, die in den typischen Northern Soul Stil passen. Die Folge war, daß die Single, das wichtigste Tonträgerformat für die Northern Soul Szene war (neben der Tatsache, daß Vinylsingles das Hauptveröffentlichungsformat für Musik in den 60er Jahren war). Seit den 70er Jahren wurden dann auch eine Reihe Sampler mit Soulstücken verschiedener Interpreten veröffentlicht. Bis auf ganz wenige Ausnahmen gibt es jedoch fast keine LPs von nur einem Einzelinterpreten, die auf Northern Soul Wiederveröffentlichungs-Labeln erschienen sind. In den 70er Jahren entwickelte sich Northern Soul in England zu einem Massenphänomen, welches auch eigene Normen kannte. ![]() Zum Beispiel war es verpönt, Nachpressungen in den Clubs zu spielen (es wurden aufgrund der großen Nachfrage viele Singles 'schwarz', aber auch offiziell oder von Lizenznehmern nachgepreßt). Auch galt es unfein, allzu bekannte Soulstücke oder aktuelle schwarze Musik (70er Jahre Soul, Funk, Phillysound) aufzulegen. ![]()
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March 2019
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